O Tannenbaum
Schrödinger's Kühlschrank
17.12.2013 - 23.12.2013
40 °C
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Round-The-World 2013-2014
auf Tom Travel's Reise-Karte.
Meine Begleiterinnen von gestern mussten wieder zurück nach Kapstadt. Ich fahre alleine weiter, 500km bis nach Lüderitz. Zunächst entlang des Orange River - eine der ganz wenigen Stellen an denen man in dieser Jahreszeit Wasser an der Oberfläche sehen kann.
Dann weiter nach Norden zum Südrand der Namib-Wüste und von dort Richtung Küste. So heiß wie heute war es bisher in Afrika noch nie.
Die AirCon des Autos hat keine Chance die Temperatur im Innenraum auf ein erträgliches Maß zu bringen. Ich würde gerne mal eine Fahrpause einlegen, aber das geht nicht - kein Schatten nirgendwo. Wegen einer Oryx-Antilope halte ich dann doch mal an.
Entlang der parallel verlaufenden Eisenbahnlinie stehen immer wieder Gruppen von Straußen. Die sehen trotz wenig Wasser und Futter erheblich besser aus als ihre domestizierten Vettern, die ich in Oudtshoorn gesehen habe. 30km vor Lüderitz kommt Wind vom Meer her - endlich Kühlung. Das Fenster mache ich aber schnell wieder zu, denn der frische Gegenwind wird zum Sandsturm. Der Wind peitscht den Sand auf und über die Straße wie in einem Schneesturm. Wie im dichten Nebel krieche ich die restlichen Kilometer, schwer zu sehen wo die Straße verläuft. Das Navi hilft.
Endlich erreiche ich das Etappenziel für heute. Eben noch geschwitzt wie selten, packe ich gleich wieder die Jacke aus, so heftig und kalt ist der Wind. Lüderitz klingt nicht nur deutsch, es ist es auch noch in vielen Teilen. Turnhalle, Männerturnverein, Lesehalle - an vielen der alten Gebäude aus der deutschen Kolonialzeit vor 100 Jahren kann man die alten Funktionen ablesen.
Meinen undichten Reifen kriege ich am nächsten Tag für 4€ problemlos repariert. Dafür nimmt ein Mechaniker in Deutschland nicht einmal das Telefon ab. Das mit dem Kühlschrank wird schon schwieriger. Ich frage mich kreuz und quer durch den Ort und finde am Ende einen, der sich angeblich mit Kühlschränken auskennt. Allerdings hat der noch nie einen 2-Wege-Campingkühlschrank repariert. Ich sage ihm, dass er von mir aus Thermostat und Spannungssensor überbrücken kann - Hauptsache das Ding läuft und ich kann wieder mein Grillfleisch und das Bier kühlen. Er meint in 2 Tagen soll ich wieder vorbei kommen, dann wäre das erledigt. Ich hoffe auf afrikanischen Einfallsreichtum, wenn es darum geht Dinge irgendwie wieder ans Laufen zu bringen.
Es gäbe rund um den Ort gute Campingmöglichkeiten. Ohne Kühlschrank bleibt mir nur das Hostel in der Stadt, damit ich meine Lebensmitel kühl unterbringen kann. Nach 2 Tagen kann ich meinen Kühlschrank wieder abholen. Was repariert wurde erfahre ich nicht, aber angeblich geht er wieder. Endlich kann ich zum Campingplatz . Dort schließe ich ihn an 220V an. Er läuft..oder auch nicht.
Die Freude währt nämlich nicht lange. Gerade eben freute ich mich riesig, als ich das Geräusch des Kompressors hörte, dann setzt es wieder aus. Eine neue Meldung steht im Display. Zerknirscht mache ich mir ein Bier auf und überlege was zu tun ist. Eine halbe Stunde später schaue ich wieder nach - nun läuft er rund. Zwei Stunden später schaue ich wieder nach - er läuft nicht. Dann dämmert es mir: Das ist Schrödinger's Kühlschrank! Wenn ich nachsehe entscheide ich welchen Zustand er gerade einnimmt - ob er funktioniert oder nicht. Wenn ich nicht nachsehe tut er beides gleichzeitig. Deswegen schaue ich ab jetzt nicht mehr nach. Falls nun jemand meint ich sei übergeschnappt, kann er hier gerne nachlesen. Schrödingers Katze - die Parallelen sind eindeutig.
Nach 2 Nächten habe ich die Nase voll vom Camping hier. Nahe am Wasser geht tagsüber ein Wind der einen fast wegbläst, abends wird es saukalt. Feldküche wieder mal mit Jacke und langer Hose und das auf 26° südl. Breite.
Was mich aber wirklich vertreibt ist ein Riesenpott, der hier vor Anker liegt. Ich weiß nicht was der Maschinenlärm von Bord zu bedeuten hat und was die da treiben, aber es ist laut und geht die ganze Nacht.
Noch etwas irritiert mich. Es sind meine dritten Weihnachten auf Reisen. Zum dritten Mal ohne Schnee oder Kälte. Ob Australien, Florida oder nun Namibia. Weihnachtslieder im Supermarkt und rote Mützen an den Kassen. "Leise rieselt der Schnee", "Stille Nacht" und "O Tannenbaum" wabert aus den Lautsprechern. Passend zur Jahreszeit, extrem unpassend zur Örtlichkeit. Wieso hat sich in all den Jahren keiner in den warmen Gegenden eigene Lieder ausgedacht? Wie wär's mit "Wüste Nacht", "O Känguru" oder "Leise rieselt der Sand"?
Wo ich nun schon mal hier bin sehe ich mir auch die Hauptattraktion in der Nähe an: Kolmannskuppe. Die Reste einer deutsche Siedlung aud der Zeit des Diamantenbooms in der Gegend. Wie so oft bei Immobilien zählt auch hier Lage, Lage, Lage. Wunderbare unverbaubare Aussicht.
Dieser etwas gruselige Gang führt durch das ehemalige Krankenhaus.
Spätestens jetzt wüsste man, dass man sich in einer deutschen Geisterstadt befindet.
Die Wüste kommt zu den Fenstern herein. Ein Paradies für Fotografen.
Ich wünsche meinen Lesern ein frohes Fest mit passendem Wetter ;-)
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Eingestellt von Tom Travel 09:47 Archiviert in Namibia Kommentare (4)